Remis by Claire Beyer

Remis by Claire Beyer

Autor:Claire Beyer [Beyer, Claire]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Frankfurter Verlagsanstalt
veröffentlicht: 2013-08-13T00:00:00+00:00


Aber sie wußte, die Jacke war weg. Philipp mußte sie in seinem Zorn einfach vergessen haben. Als er losgefahren war, lag sie auf dem Deckel des Kofferraums und jetzt lag sie irgendwo. Vielleicht dort, wo sie den Unfall hatten.

Sie könnte überall heruntergefallen sein.

Zurück, die ganze Strecke und hoffen, daß sie sie fänden.

Auch das sei ihre Schuld, fauchte Philipp. Ihretwegen war sein Auto kaputt und ihretwegen hatte er seine Jacke verloren.

Was rennst du auch davon, wie ein trotziges Kind.

Kira antwortete nicht. Sie hatte ihren Entschluß gefaßt. Am anderen Tag würde sie eine Bahnverbindung erfragen und nach Hamburg zurückkehren. Das war alles, was sie dachte. Seine Beschimpfungen tangierten sie nicht, sie tat, als würde sie angestrengt den Weg absuchen, obwohl der Unfallort noch nicht erreicht war.

Sie fanden die Stelle nicht. Nach jeder Kurve standen die Bäume so gerade wie in der vorigen, die Felsen glichen einander wie ein Ei dem anderen. Um irgendwelche Splitter zu sehen, war es zu dunkel, es war überhaupt zu dunkel, um außerhalb des Scheinwerferlichtes etwas zu sehen. Der Verlust der Jacke ließe sich verschmerzen, aber Philipp hatte seine Papiere darin und was das Schlimmste war: den Schlüssel des Ferienhauses.

Was machen wir jetzt? fragte Philipp.

Ich weiß nicht, antwortete Kira.

Aber sie sprachen miteinander und suchten bis weit nach Mitternacht. Ohne Erfolg. Zu dieser Zeit und in dieser Gegend nach einem Hotel oder einer Pension Ausschau zu halten, war sinnlos. Sie mußten warten, bis es wieder hell genug sein würde, die Suche fortzusetzen. Es blieb ihnen nur, die Nacht im Auto zu verbringen. Sie fanden eine ebene Fläche neben der Straße und entschieden, dort zu übernachten. Philipp ging zum Bach, füllte die Flasche noch einmal, sie tranken wortlos, warteten auf den Morgen, hofften jeder für sich, daß die Jacke zu finden sein würde.

Kira lag auf der Rückbank, Philipp blieb auf dem Fahrersitz. Er hatte ihn etwas nach hinten gestellt; so gut es eben ging versuchten beide, das unbequeme Nachtlager zu nutzen. Nur wenige Stunden Ruhe. Aber die Sorgen schienen Gestalt anzunehmen. Kira wischte mit dem Arm die beschlagenen Scheiben ab. Die Nacht hatte den Vorhang vor alles geschoben, was draußen vor sich ging. Sie hörte nur das leise Murmeln des Baches. Philipp war zu beneiden. Er schlief aller Widrigkeiten zum Trotz. Bald atmete er ruhig und regelmäßig. Es machte sie wütend und hilflos. Immer ließ er sie allein.

Der Morgen schob sich blaß zwischen die Bäume. Es gab nur wenig Licht, gerade so viel, daß sie die Uhr erkennen konnte. Kira weckte Philipp, der sie erstaunt ansah und eine geraume Zeit brauchte, sich zu orientieren. Früher hatte sie sich auf den Moment seines Aufwachens gefreut, weil er lächelte, wenn er die Augen aufschlug und sie ansah. Aber irgendwann hatten sie getrennte Schlafzimmer bezogen. Das Lächeln war zu einem leeren Raum dazwischen geworden, den keiner mehr bewohnte.

Sie stiegen aus dem Auto, wuschen sich am Bach und fuhren dann los. Inzwischen war es hell genug, um die Straßenränder abzusuchen. Solange Kira wachlag, hatte sie kein anderes Auto gehört oder gesehen. Auch am Morgen war kein anderer Wagen vorbeigekommen.



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